Annette Britsch 2013

Erste Schritte im neuen Leben

Dezember 2013

22. Dezember 2013
Teil 1 von 5
Hier nun ein kleiner Reisebericht, Lektüre zu Weihnachten.
Nachdem ich alles aufgelöst hatte, alle Dinge ob wichtig oder unwichtig verschenkt waren, konnte es nun auf die lange Fahrt nach Bulgarien gehen. Vor mit liegen knapp 2000km. Mit einem mulmigen Gefühl steige ich in mein Auto. Wird es die Strecke durchhalten? Wird es mich sicher nach Varna bringen? Wird alles ohne Komplikationen ablaufen? Nun wir werden sehen. Jede Bergbesteigung beginnt mit dem ersten Schritt. So fühle ich mich. Mein altes Leben ist komplett hinter mir, nur die Neugier und das Team vom SWR begleiten mich.

Kurz gestatte ich mir einen Rückblick auf das vergangene Jahr, ein Jahr der Wende. Im Sep. 2012 habe ich meinen Mann verlassen und mir aus dem Nichts eine Existenz aufgebaut. Nur mit meinen Kleidern und ein paar für mich wichtigen Dingen bin ich ausgezogen. Ich habe meinen Auszug geplant und mein Mann hat nicht mal gemerkt, dass ich ausziehe. Oder war es ihm recht und er wollte nichts sagen?? Nun wie dem auch sei, plötzlich war der ganze Druck weg und ich fühlte mich gut und gesund. Ich war sehr erstaunt, was man in einem Jahr alles wieder ansammelt. Meine Wohnung damals hatte eine Einbauküche, einen Wohnzimmerschrank und einen Schlafzimmerschrank, die ich jeweils für kleines Geld vom Vormieter abkaufte. So konnte ich starten. Ich erlebte mein erstes Weihnachten nach 14 Jahren völlig frei und glücklich, keine Kinder meines Mannes machten mir das Leben schwer. Es war einfach nur gemütlich. Mit den wenigen Geräten usw. die ich zur Verfügung hatte, kochte ich ein festliches Essen. Wir saßen entspannt zusammen und ich war mir sicher den richtigen Schritt gemacht zu haben. Und so begann dann auch das Jahr 2013.

Am ersten März erhielt ich die Bestätigung nun Rentnerin zu sein. Ja und nun hatte ich ein Problem. Meine Rente ist genial hoch, davon kann man nicht leben und auch nicht sterben. Nach Abzug der KV verbleiben mir 525,–€ zum Leben, das heißt davon sind alle Ausgaben zu bestreiten, auch die Miete und die Nebenkosten. Meine Miete beträgt 550,€ warm. Und jetzt??? Na gut, dann muß ich mir mal wieder was einfallen lassen. Ich vereinbare einen Termin bei einem Rechtsanwalt. Wir besprechen die Möglichkeit von Trennungsunterhalt. Nachdem es ein paar Schreiben hin und her ging, ich nachweisen musste, dass ich nichts verdiene, einigten wir uns auf einen Trennungsunterhalt von 550 Euro. Klingt ja soweit ganz ok, aber es ist verdammt wenig.

Viele Nächte habe ich so wachgelegen und gegrübelt. Wie kann ich leben, muß ich das Sozialamt bemühen??? Nun ich bin mal hingegangen. Es war eine totale Ernüchterung. Zuerst droht man, Sie sind zur Mitarbeit verpflichtet, dann bekommt man geschrieben, leider ist Ihre Wohnung 4 qm zu groß, Sie müssen ausziehen! Hallo 4qm??? Ausziehen?? Wer zahlt das, ich kann das nicht!!! Natürlich zahlt das Amt das, ist ja viel billiger einen Auszug, Umzug, Einzug, Renovierung usw. zu bezahlen, als zu sagen okay, das ist so in Ordnung. Hier muss ich mich fragen, wo leben wir, sind unsere Behörden schon so total verblödet, daß alles nur noch nach Paragraphen geht??? Scheinbar ist das so, aber ich möchte mir da kein Urteil erlauben, war nur ein Gedankengang.

Ja also weiter mit denken. Ich denke es muss doch auf dieser Welt irgendwo ein Land geben in dem man noch mit einer kleinen Rente leben kann. Also werfe ich den PC an und grabe das Internet um. Schön, dass man das heute kann. Es gibt noch Länder in denen ich leben kann. Kambodscha, Vietnam, Paraguay und Bulgarien. Hurra, das ist es Bulgarien ist in der EU und doch nicht ganz am Ende der Welt. Also fange ich an mich mit diesem Land zu beschäftigen. Damit ich dann auch weiß von was ich rede und träume, buche ich einen Flug und will mir das alles mal vor Ort anschauen.

Meiner besten Freundin erzähle ich, dass ich Auswanderungspläne habe. Ich glaube sie hat mich für total verrückt angesehen, aber sie kennt mich auch und kennt auch meine Art zu leben. Bei mir ist immer irgendwie Tempo drin. Nachdem ich ihr mitgeteilt habe, wann mein Flieger geht, musste ich ihr ganz genau sagen wo ich bin, wann ich was vorbereitet habe und wann ich zurück kommen werde. Wenn ich mich nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt melde, würde sie die Polizei einschalten. Ich halte das für Unfug, aber die Menschen sind so. Ich persönlich besitze ein Grundvertrauen in die Menschheit, ich glaube alles was man mir sagt. Deshalb bin ich leider schon des Öfteren auf die Nase gefallen. Trotzdem ist mir wichtig zu allererste an das Gute im Menschen zu glauben, das Schlechte kommt von alleine.

Nun am Flughafen hat mich ein sehr netter junger Mann in Empfang genommen und mich in mein Hotel gebracht. Ich war schon mal erstaunt, er sprach fast akzentfrei Deutsch. Als ich dann das Hotel betrat, kam mir ein Mann entgegen mit den Worten: Na da bist Du ja endlich, schön Dich zu sehen, Annette.
Das war ein ganz ungewohntes Gefühl, das sich da in mir ausbreitete, man hat auf mich gewartet und freut sich mich zu sehen. Ich kann nicht sagen, dass ich in den 14 Jahren meiner Ehe erwartet wurde und dass man Sehnsucht nach mir hatte.
Aber wie dem auch sei, ich war hundemüde, hatte ja die ganze Nacht zuvor nicht geschlafen aus lauter Angst den Wecker nicht zu hören, also bin ich nachts um Ein Uhr dreißig ins Auto und zum Flughafen gefahren. Ja und nun war es 14.00Uhr (bei uns 13). Ich bin also erst mal ins Bett und habe geschlafen.

Gegen 17 Uhr stand ich dann auf, schaute über den Balkon und freute mich über die schöne Aussicht, direkter Blick aufs Meer, die Schiffe lagen vor der Einfahrt zum Hafen und warteten auf den Lotsen. Nach einer kurzen Erfrischung machte ich mich auf den Weg ins Restaurant, hatte ja noch nichts zu nagen gehabt. Gott sei Dank brauchte ich mir um meine Verpflegung keine Gedanken machen, denn ich hatte ja Halbpension gebucht. Ich suchte mir in dem einfachen, aber sehr ordentlichen Gastraum einen Platz und harrte der Dinge die da kommen. Mit dem Wirt hatte ich eine nette, nichtssagende Unterhaltung, warum weshalb ich hier sei und das gerade nach der Saison. Ich erzählte ihm, dass ich mir hier in Bulgarien ein Häuschen kaufen wolle und aus diesem Grunde mich hier mit zwei Männern für den nächsten Tag verabredet hätte.

Mittlerweile hatte ein anderer Gast den Raum betreten und am Nachbartisch Platz genommen. Wir kamen ins Gespräch und er bot mir an, mich am morgigen Tag zu begleiten. Denn der Wirt und er meinten in einem fremden Land sei es viel zu gefährlich zu Fremden ins Auto zu steigen. Also sollte ich mit Rolf hinter dem Auto welches mich abholen sollte oder wollte her fahren. Im Nachhinein gesehen, ist es zum Lachen, denn Rolf kannte ich ja auch nicht. Wo bitte ist der Unterschied??? Nun wahrscheinlich darin, dass er im selben Hotel abgestiegen war wie ich. Jedenfalls danke ich Rolf heute noch für die Zeit, die er sich für mich genommen hat. Drei Tage ist Rolf mit mir kreuz und quer durch die Gegend gefahren, immer neue alte Häuser anschauend. In der Doku mit dem SWR sind einige dieser Häuser zu sehen. Jedenfalls irgendwann fragte mich Rolf: Willst Du die nächsten Jahre nur renovieren?? Willst Du fern ab von Stadt und Kultur leben??? Willst Du ständig im Garten arbeiten müssen??? Willst Du nicht jetzt Dein Leben genießen??? Was machst Du wenn es plötzlich Nachts an Deiner Tür klopft?? Mir wurde mit einem Schlag bewusst auf was ich mich da einlassen würde.

Keine Möglichkeit für kulturelle Dinge, keine Sprache, keine Geschäfte……..Der Gedanke wurde bedrohlich. Ich bekam Angst. Bei einem Spaziergang am Schwarzen Meer, weinte ich und sagte Rolf, es war schön, dass wir uns kennen lernen durften, aber ich werde dann nach hause fahren und weiter träumen. Wir fuhren also dann ins Hotel zurück. Ich bestellte mir todtraurig mein Essen und eine riesiges Bier, Frust wegspülen.

Am nächsten morgen kam der Wirt auf mich zu und meinte: Annette ich habe was für Dich“ Hä, was sollte er für mich haben??? Komm mit, schau Dir das mal an. Also gingen wir in den dritten Stock, direkt unters Dach. Ich sah einen Vorraum, der vom Treppenhaus nicht abgetrennt war und ein Zimmer mit Bad. Krassi meinte, wenn er eine Tür einbauen lässt, dann wäre das doch ein schönes Studio. Zweifelnd sah ich ihn an und stellte fest, das kann ich mir in dieser Lage nicht leisten, denn ich habe ja nur begrenzte Mittel.

Gott sei Dank, bin ich im Kopf noch sehr beweglich und plötzlich schoss mir eine Idee in den Kopf. Wie wäre es wenn ich etwas anzahlen würde und dann drei Jahre abzahlen würde??? Lässt sich der Wirt darauf ein??? Ich unterbreitete meinen Vorschlag und siehe da, er war für Krassi in Ordnung. Also machten wir sofort einen notariellen Termin in dem wir alles fixierten, was wir uns so ausgedacht hatten. Alles musste nun innerhalb weniger Stunden passieren, denn am nächsten Morgen ging schon mein Flieger.

Teil 2 von 5
Hier nun für alle, die nicht verstehen, warum meine Rente so niedrig ist, die Erklärung. Ich bin vierfache Mutter und konnte deshalb nicht arbeiten gehen. Wir hatten damals noch keine Krippen und Ganztagsplätze für die Kinder, das gab es nur im Osten. Bei mir kam hinzu, dass meine Mutter meinte: Ich habe meine Kinder selbst groß gezogen, dann könnt ihr das auch. Und ich wollte auch nicht betteln, bitte hilf mir, ich will muss oder möchte arbeiten. Nein ich habe meine Kinder selbst groß gebracht. Das sind ca. 16 bis 18 Jahre die mir am Einzahlen fehlen.

Der nächste Morgen, ich bin am packen. Ich bin glücklich und beschwingt, habe ich doch was erreicht. Natürlich macht man sich Gedanken, war das so alles richtig und und und.
Der nette junge Mann holt mich wieder ab und bringt mich auf den Flughafen in Varna.

Ja ich schaue jetzt schon mit anderen Gefühlen in die Welt hier am Schwarzen Meer. Im Vergleich zu uns ist hier die Zeit ein wenig stehen geblieben und man hat das Gefühl, wieder einen Zeitsprung nach hinten gemacht zu haben. Auch nicht schlecht, denn die Zeit ca 40 bis 50 Jahre zurück zudrehen, kann durchaus reizvoll sein.

Varna ist eine Stadt mit fast 500000 Einwohnern, die Stadtmitte ist sehr schön, alles Jugendstilhäuser, dann die Kathedrale, der Meeresgarten usw. Aber das andere Varna ist nicht schön, es besteht aus Plattenbauten, Hochhäusern, etwas schmuddelig.
Gott sei Dank wohne ich künftig im Wochenendgebiet, also sehr entfernt von diesen Dingen. Ich lebe im Grünen mit direktem Blick aufs Meer. Keine 3km von mir ist Sveti Konstantin und Elena, wunderschön gelegen, Spaziergänge am Meer kann man genießen. Das ist das andere Gesicht einer Metropole.

Auch hier in Sveti Konstantin haben wir gefilmt. Dieser Film wird gemacht, damit man mal zeigt, wie das mit der Altersarmut ist. Ich sehe den Film als Dankeschön an die Regierung, die uns Frauen aus meiner Generation total vernachlässigt hat. Man braucht nur mal zu bedenken, dass bis 1969 eine Frau ihren Mann fragen musste, ob sie arbeiten gehen darf, ob sie den Führerschein machen darf. Die Zeit ist noch nicht so lange her, also Frauen achtet darauf, dass ihr Eure Rechte, die wir hart erkämpft haben, nicht aufgebt. Aber wieder zurück zu meiner Reise.

Endlich kann ich den Flieger besteigen. Leider muss ich in Wien umsteigen. Auf der Herreise hat die Zeit zum Umsteigen gerade so gereicht, ich bin wie ein geölter Blitz durch Wien gerast, damit ich den Anschluss kriege. Nun also das Gleich rückwärts. Ich renne und renne, der Flughafen nimmt überhaupt kein Ende. Endlich, das Ziel meiner Wünsche ist in Sicht. Erschöpft lasse ich mich auf einen Sitz sinken. Nanu noch nicht auf??? Ich frage einen netten Mann, wieso noch nicht geboardet wird. Er meinte nur wir haben noch eine Stunde Wartezeit. Die Zeitverschiebung. Übrigens mit diesem netten Herrn tausche ich mich zur Zeit noch über FB aus. Gruß dahin.

Endlich dann in Frankfurt, ich hoffe, dass ich auf diesem Riesen Areal mein Auto wieder finde. Gott sei Dank, es ist noch da. Ich schmeiße meinen Koffer rein und ab auf die Autobahn Richtung Bad Rappenau. Wenn ich mich recht erinnere war ich so gegen 21.30 zu hause. Das erste was ich mache ist natürlich meine Freundin anrufen, damit sie weiß ich bin am leben. Schön wenn ein Mensch sich um einen sorgt. Eigentlich dachte ich ich komme einen Tag später nach hause, aber da hab ich vor lauter Freude und Neues und überhaupt nicht geachtet. Also es waren keine sieben nur sechs Tage, die ich hatte. Nun musste ich meiner Freundin ja sagen, was ich angestellt hatte.

Ich hatte eine Wohnung gekauft. Die Wohnung gibt es noch nicht, aber wir arbeiten dran. Denn eine Wohnung ist es erst, wenn eine Tür drin ist. Alles ein wenig kompliziert. Nun aber Anni kennt mich. Ich beginne nun umgehend mit meinen Vorbereitungen zum auswandern.Das komische an der Sache ist, wenn man was verschenken will, dann hat man schon so seine Schwierigkeiten.

Dann wurden mir auch von meinem Vermieter Steine in den Weg gelegt. Da es ja nun schnell gehen sollte, besorgte ich 5 potenzielle Nachmieter, alle hätten mir die Möbel abgekauft, nur mein Vermieter hat keinen davon angeschaut. Also das ist natürlich nicht in Ordnung. Da ich eine Kautionsversicherung hatte, habe ich mir erlaubt die Versicherung darauf hin zu weisen, dass er nicht die Kaution einfordern kann, weil er sich nicht gekümmert hat. Ich denke der Herr springt jetzt im Viereck. Aber egal.

Schön fand ich übrigens auch, daß ich in meiner Nachbarschaft in Bad Rappenau mit tränenden Augen verabschiedet wurde. Um die Sache dann vorwärts zu treiben, weil ich auch keine Zeit mehr hatte, habe ich eine Frau aufgetrieben, die fast alles mitgenommen hat, was in meiner Wohnung war. Wir haben insgesamt über 6 Stunden ausgeräumt und das obwohl ich ein Jahr zuvor praktisch nichts hatte. So bin ich denn jetzt auch wieder guten Mutes, dass ich alles was ich verschenkt habe wieder bekomme. (Carepakete bitte an www.Hotel-Margarita.net) Spaß muß sein………

Ja und so rückte dann der letzte Tag, die letzte Nacht in meiner kleinen Wohnung an. Ich genoss noch einmal mein geliebtes Boxspringbett, ein Traum, den ich mir vor einem Jahr erfüllt habe. Ich schaute mir nochmal Rappenau an, denn dort habe ich sehr gerne gelebt.

Und nun soll es also los gehen. Mit dem SWR ist vereinbart, dass ich die allerletzte Nacht auf deutschem Boden alleine bei meinem Sohn Michael in Waiblingen verbringe. Am nächsten Tag wollten wir uns dann in Linz treffen. Nun fuhr ich also nach Waiblingen, habe dort von meinem Sohn ein wunderbares Essen zubereitet bekommen. Wir haben uns gut und ausgiebig unterhalten und ich fand seine Einstellung ganz toll, denn er meinte, wenn man nur wegen dem Geld nicht geht, wenn alles kaputt ist, dann ist das Prostitution. Ja so sehe ich das auch, ich will keinen Versorger, sondern einen echten Partner an meiner Seite. Ja und käuflich war ich noch nie… Nach dem Frühstück am nächsten Morgen, packte ich meine sieben Sachen zusammen und los ging die Fahrt ins Abenteuer, erste Stadion Linz

Teil 3 von 5
Na prima, ich bin aus der Gegend , kenne mich aus, also denke ich ich fahre über Stgt, Ulm, München. Mein Navy plärrt, bitte wenden, bitte wenden. Nun warum sollte ich, ich weiß ja wo ich lang will. Aber weit gefehlt, ich sollte nicht über Ulm fahren, nein mein Navi will mich über Nürnberg führen. Also fahre ich dann in Ludwigsburg auf die Autobahn und habe somit schon gleich am Anfang 20km Umweg drauf. Na wenn das so weitergeht.

Es ist friedlich, schön und gemütlich zu fahren. Es ist Sonntag die LKW sind weitesgehend nicht vorhanden und so kann ich dann vor mich hin fahren. Leichter Nieselregen, bräuchte auch nicht sein, aber es kann ja nur besser werden. Meine Gedanken hängen den vergangenen Tagen und Wochen nach, ich ziehe Bilanz und frage mich was wird die Zukunft bringen???

Langsam nähere ich mich der Grenze. Ein seltsames Gefühl beschleicht einem, man ist ja doch Deutscher, man ist auch heimatverbunden, man kennt fast alles. Nun geht die Tür zu einer ganz anderen neuen Welt auf, Österreich. Zuallererst musst Du mal Deinen Eintritt ins gelobte Land bezahlen. Also raus, Pickerl kaufen. Komisch wir zahlen überall, aber bei uns darf man so fahren. Ist das gerecht??? Darüber zerbreche ich mir jetzt aber nicht den Kopf, habe im Moment mit der neuen Verkehrsführung usw. zu tun. Ausfahrt Linz, hier muß ich runter. Mein Navi führt mich gut in die Stadt, bis zu meinem Hotel. Ein sehr schönes nobles Haus. Ich gehe schnell auf mein Zimmer, schmeiß meine Sachen rein und begebe mich sofort wieder in die Empfangshalle.

Ist der Herr vom SWR schon da?? Hier wollten wir uns treffen. Lange brauche ich nicht warten, der Aufzug geht auf und der Herr steht vor mir. Schön, hat also auch geklappt. Ja was machen wir mit diesem angefangenen Sonntagnachmittag. Wir beschließen mal durch Linz zu laufen, eine wirklich sehr sehenswerte Stadt und dann noch der Weihnachtsmarkt, kann mich nicht erinnern, dass ich schon jemals mittags um 15.30Uhr Glühwein getrunken habe. Heute ist das so. Schmeckt super, dann noch schnell an die schöne blaue (graue) Donau und wieder zurück zum Hotel, denn der Tontechniker sollte auch in Linz eintreffen. Wir sind gerade am Hotel zurück als uns der Anruf erreicht, bin da. Schön, dann können wir ja zu dritt losziehen. Der Tontechniker ist aus Sofia angereist, weil wir in BG gerne einen Übersetzer gehabt hätten. Weil es so schön war und Vesselin noch nicht in Linz auf dem Weihnachtsmarkt war, schlendern wir nun nochmal drüber, noch ein Glas Glühwein. Es ist alles so leicht so beschwingt, besser kanns mir im Moment gar nicht gehen. Zwei Glühwein und das mittags, reife Leistung. Nun gut, jetzt gehen wir aber dann zum Essen. Wir haben uns ein uriges Lokal ausgesucht. Was mir natürlich gleich auffällt, in Österreich darfst in Kneipen rauchen, ist das nicht auch EU???

Die Deutschen sind mal wieder der Deutsche Michel. Ja das zeichnet uns Deutsche aus, wir hören auf die Regierung, wir halten uns an alles. Wie kann man nur so bescheuert sein……Nach einem schönen und gemütlichen Abendessen machen wir uns auf den Weg zurück in unser Hotel. Wir besprechen noch kurz, wann am nächsten morgen Abfahrt ist und dann ist Nachtruhe angesagt. Ein langer und auch anstrengender Tag, mein erster Reisetag geht zu Ende.

Teil 4 von 5
Nächster Tag: Montag
Der Wecker sagt mir unmissverständlich, raus aus dem Bett, es geht weiter. Habe ganz gut geschlafen, nun schnell unter die Dusche, frisch machen und dann ab zum Frühstück. Das Frühstück lässt keine Wünsche offen, alles was das Herz begehrt gibt es. Kalt und warm, Würstchen, Eier, Käse, Schinken, Wurst und und und. Das kann am frühen Morgen noch kein Mensch essen. Wichtig sind mir erst mal 4 Tassen Kaffee und vor allen Dingen meine Ruhe. Ich brauche einfach Zeit um in den Tag zu rutschen. Wir haben ausgemacht, dass wir soweit wir können fahren, fahren, fahren. Ein wenig Angst habe ich schon, aber man lässt sich das ja nicht anmerken. Nachdem wir in der Tiefgarage alles umgepackt und versorgt haben, geht es nun los.

Wir fahren raus ins feindliche Leben und wie das so ist, wenn man fremd ist, dauert es eine Weile bis unser vesselin zugibt, dass ich den Weg zur Autobahn finden soll, denn ich habe ja ein Navi. Also setze ich mich vor den SWR und führe die Herren sicher auf die Autobahn. Nachdem wir auf der Autobahn sind, setzt sich Vesselin vor mich. Na gut, wenn er meint, dann nix wie hinter her.

Ja das ist so leicht gesagt, fahre mal hinter einem wild gewordenen Autofahrer her. Ohne Zweifel er kann fahren, aber als Hintermann biste unwahrscheinlich gefordert, ihn nicht zu verlieren. Wobei man noch bedenken muß, heute fahren auch die LKW wieder und es ist einiges los auf der Piste. Nicht lange, knappe 180km und wir haben Wien erreicht, hier in der Gegend machen wir den ersten Tankstopp. Und weiter geht es. Die Landschaft wechselt, wir fahren durch eine weite Ebene, hier siehste Sonntags schon, wer am Samstag drauf kommt, nicht so mein Fall, dann fahren wir nach Ungarn. Auch hier wieder Eintrittskarte, sonst kriegen sie Dich. Nur bei uns nicht, ist nicht ok. Wir fahren den ganzen Tag, irgendwann haste dann keine Lust mehr, aber Du musst ja, weil Du willst vorwärts kommen.

Dann ist unser Ziel erreicht Timoshwara. Was heißt das? Ich denke das ist ein kleines Nest. Da hab ich mich getäuscht, eine sehr schöne Stadt, weihnachtlich geschmückt und wieder ein Weihnachtsmarkt. Auch diesen lassen wir uns nicht entgehen. Mir gefällt, die Jugendstilhäuser sind golden angestrahlt, sieht unwahrscheinlich edel und wertig aus. Dann fallen aus den Bäumen blaue Tropfen, es glänzt und glitzert überall. Im Hotel hat man uns einen Tipp gegeben, wo man gut und traditionell essen kann. Dieses Lokal haben wir gesucht und wurden nicht enttäuscht. Langsam neigt sich der Abend dem Ende zu, wir schlendern nochmal über den Weihnachtsmarkt, der im Begriff ist zu schließen und fallen dann todmüde nach der langen Fahrt in die Kiste. Tief und traumlos schlafe ich in dieser Nacht. Zum Glück habe ich ja beim Packen soweit gedacht, dass ich einen kleinen Koffer extra für die Übernachtungen gepackt habe.

Übrigens es ist so, alles was ich noch besitze, befindet sich in meinem kleinen Auto. Mehr habe ich nicht mehr, und ich kann sogar noch hinten raus schauen. Da ist es dann auch nicht verwunderlich, wenn das Auto im freien parkt, dass man Angst hat, es könnte geklaut werden. Aber ich denke dann ging das Leben auch weiter, bin ja Gott sei Dank nicht ganz alleine.

Bisher war an der Fahrt eigentlich nichts auszusetzen, die Straßen waren okay, es ging eigentlich recht flott. Nun morgen soll es schwieriger werden, die Autobahn ist dann vorbei und wir fahren in Rumänien durch die Karpaten. Kann nochmal ein gewaltiger Ritt werden. Also dann lassen wir uns überraschen.

Nächster Tag, wir frühstücken in aller Ruhe, denn heute müssen wir nicht so jagen. Wir fahren durch die Karpaten bis Bukkarest wo wir nochmal übernachten wollen, weil wir am anderen Tag den Kameramann mit der großen Kamera, nicht nur mit der kleinen, abholen am Flughafen. Nun wir haben uns sehr verschätzt, von wegen nicht so rasen, nicht so viel fahren, kaum sind wir über der Grenze, fängt das Chaos auch schon an. Die Straßen sind nicht so besonders toll, dann keine Autobahn, dann noch die Berge. Die Zeit läuft und wir haben noch nicht mal eine Unterkunft gebucht für diese Nacht. Stehen in einer vollig fremden Umgebung und wissen nicht, wo wir ein Hotel finden sollen.

Zu allem Elend waren die Straßen in den Bergen auch noch vereist und man musste sehr konzentriert fahren. Die vielen LKW machten uns dann auch noch das Leben schwer und wenn Vesselin dachte es reicht zum überholen für zwei, dann musste ich volle Kanne hinterher sausen, sonst hätten wir uns verloren. Einmal hatten wir uns verloren, aber ich dachte macht nix, spätestens am Flughafen hab ich ihn wieder. Es sollte so sein, daß ich ihn ein halbe Stunde später wieder hatte.

Gott sei Dank. Als wir über die Grenze in Rumänien sind, kam eine schreiende alte Frau auf mich zu hatte in der Hand einen Wischer. Kaputt wie ich war, hatte ich nicht begriffen was sie will. Sie wollte meine Scheiben putzen. Wenn die das 50 mal macht am Tag hat sie schön was eingenommen. Die Preise hier sind schließlich mit unseren nicht vergleichbar.

Ja und dann suchten wir in der Nähe von Bukkarest nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Wir haben in den Bergen halten wollen, ließen uns die Zimmer zeigen und zogen es vor zu flüchten. Muffig und ungepflegt, nein das wollten wir auch nicht, also dann weiter.

Irgendwann waren wir dann in einer Stadt, fuhren kreuz und quer und fanden ein so schönes Hotel, wie im Märchen. Hier konnten wir uns dann von den Bergen, den LKW, den Straßen usw. erholen. Da wir den ganzen Tag nichts gegessen haben, suchen wir nun nach der Möglichkeit was zu kriegen.

Und man glaubt es kaum, wir landen wieder auf einem Weihnachtsmarkt. Es ist verrückt, aber irgendwie hätte uns was gefehlt wenn er nicht da gewesen wäre. Wir hoffen und denken nun letzte Übernachtung, also dann zurück ins Hotel, ausschlafen, denn der Flieger kommt erst um 12.30 Uhr. Was wir nicht wissen, wir sind soweit gekommen, dass es bis zum Flughafen nur noch 50 km sind. Schön und die bringen wir auch noch hinter uns. So wir sind am Flughafen, nach einer Ehrenrunde, zum überlegen wo wir denn am besten parken, haben wir auch dieses Problem im Griff. Wir freuen uns, dass der größte Teil unseres Abenteuers nun hinter uns liegt und ganz ehrlich wir freuen uns auch den Kameramann wieder zu sehen. Er hat ja schon in Bad Rappenau und Heilbronn gefilmt und irgendwie wächst man zusammen. Ich bilde mir ein, wir waren ein gutes Team, ob die Herren das so sehen, weiß ich nicht, ist aber auch egal, ich habe mich mit den Herren so richtig wohl gefühlt.

Ich hatte ein Stück weit meine Sicherheit, brauchte nicht ganz allein die Länder zu durchqueren und fühlte mich nicht alleine. Ja und nun warten wir hinter der obligatorischen Glaswand, dass der Kameramann erscheint. Und endlich er ist da. Also wird nochmal alles umgepackt, weil jetzt wird auch während der Fahrt gefilmt, dass alles passt.

Dann beginnt der eigentliche Horror. Bukkarest…… Wir wollten raus, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, die Stadt hält uns fest. Endlich nach einer Ehrenrunde durch die volle Stadt mit komischen Fahrweisen usw. haben wir uns den Weg nach Russe erkämpft. Von nun an gings „bergab“- Die Straßen waren fast gut, kann man nicht meckern und plötzlich man glaubt es kaum die Grenze. Nun wer mich kennt, der weiß irgendwas geht immer daneben. So auch an der Grenze. Ich muß immer noch lachen, der Grenzübergang ein Schild Stop. Ich mache Stop. Keiner kommt. Mir wird das zu blöd, ich setzte mein Auto rückwärts und fuhr einfach über die Grenze in mein neues Land. Hinter mir sprang der Zöllner im Viereck und hat geschrien: Für was steh ich hier. Im Nachhinein frage ich mich das auch. Nun bin ich eben illegal in Bulgarien eingereist.

Teil 5 von 5
Ja jetzt bin ich also in Bulgarien, bisher war mir noch nicht bewusst, dass ich illegal eingereist bin. Das hat mir beim Abendessen Vesselin klar gemacht, könnte vom Stuhl fallen vor Lachen.

Langsam neigt sich der Tag und wir wollen schauen, daß wir so schnell als möglich nach Varna kommen. Aber der Hunger, ja der Hunger, wir brauchen alle dringend was zum Essen. Vesselin kennt in der Umgebung, keine Ahnung wie die Stadt hieß in der wir waren , denke es war Dobrich, weiß es aber nicht genau, ein Lokal . Also auf in dieses Lokal. Es ist ganz gemütlich und zur Begrüßung, fällt prompt der Strom aus. Na das kann ja heiter werden. Nach ca 10 Min. sehen wir uns wieder, und bestellen anhand von Bildern unser Essen. Ich habe noch nie im Leben so ein tolles gutes Fleisch gegessen wie an diesem Abend und es war nicht nur der Hunger, der mich das so genießen ließ. Ich würde was drum geben, wenn ich wüsste wie die Küche das so toll zubereitet hat. So nun sind wir also gesättigt, haben aber noch einige km vor uns.

Im Hotel Margarita haben wir kurz angerufen und mitgeteilt, dass wir im Anflug sind. Also dann wieder raus, rein ins Auto und weiter. Man glaubt es kaum, es gibt ca 10 km Autobahn, schön…….Leider ist dann das leichte Fahren auch schon wieder zu Ende. Übrigens um nochmal auf die Gaststätte zu kommen, da man ja auch ein Bedürfnis hat und aufs Töpfchen möchte, sei hier erwähnt, daß in vielen Häusern noch keine Toilette und Bad vorhanden sind. Auch in der Gaststätte mußten wir über den Hof gehen, was ja auch unangenehm sein kann, wenns regnet oder schneit, denn wir waren ja noch in den Hochlagen.

Ja und wir fahren und fahren, wir wissen aber, das Meiste haben wir hinter uns und wenn wir jetzt aussteigen, dann haben wir es geschafft. Endlich Varna steht auf dem Schild in großen Kyrillischen Buchstaben, aber auch in Latein. Nun ich habe mich schon etwas mit der Schrift beschäftigt und bin stolz schon einiges entziffern, lesen kann man es nicht nennen, zu können. So jetzt müssen wir nur noch das Hotel in dem meine neue Wohnung ist finden. Mist, keine Erinnerung, es ist Nacht, nichts was mir bekannt vorkommt. Also anrufen, wir lassen uns erklären wo wir sind und wie wir weiter kommen. Dann plötzlich sage ich, das kenne ich, hier bin ich schon gelaufen. Also wieder umdrehen, den Buckel hoch und wieder runter. Ja das ist die Straße, die zum Meer führt, und hier endlich das Schild Hotel Margarita, wir sind erleichtert.

Langsam fahren wir den Weg entlang, wir sind da. Ich danke im Stillen Gott dafür, daß ich gesund angekommen bin. Krassi und Margarita, seine Frau nehmen uns ganz herzlich in Empfang. Wir haben nur noch einen Wunsch, bitte ein Bier, ja und den Empfang usw. könnt Ihr sehen, wenn der Film ausgestrahlt wird, es war einfach toll und selbst ich kann das nicht in Worte fassen, was zwei mir eigentlich noch fremde Menschen für mich getan haben. Ich kann nur sagen Danke!!!

Ich habe Euch ja das Bild vom Hotel gezeigt, wer einmal einen Individualurlaub machen will, ist hier bestimmt richtig aufgehoben. Vor allem kann man mit der Wizzair.com günstig buchen und das Hotel ist auch nicht teuer. Denkt mal drüber nach. Übrigens ich freue mich, wenn ich jemand aus der Heimat sehe.

24. Dezember 2013
Ja, wieder eine Nacht um in meiner neuen Heimat. Bin sehr zufrieden mit meinem Bett. Habe ja gleich am nächsten Tag nach meiner Ankunft mein Schlafzimmer gekauft und hatte auch noch Glück, es war vorrätig und wurde schon am nächsten Tag geliefert. Es war recht günstig, aber an der Matratze habe ich nicht gespart. Das ist mir wichtig, daß man gut liegen kann, denn mein Kreuz macht sonst nicht lange mit. Glücklicherweise habe ich mir von Rappenau noch eine Zudecke eingepackt, konnte man gerade noch so ins Auto stopfen.

Hier kriegste nämlich nur das Synthetikzeug und das mag ich nun mal nicht. Dann gings los, auf die Suche nach einem Kopfkissen. Nicht ganz einfach, denn auch die sind anders als bei uns. Die Norm hier ist 50 mal 70. Ja ok, das reicht auch, aber ist eben alles neu. Heute nun wollte ich schnell noch etwas Zucker besorgen, weil ich mir zum Fest was leckeres kochen will, wenn man kochen auf einer Platte komfortabel ansieht. Nun ich möchte Rotkraut machen und dazu brauch ich Zucker. Es ist wirklich was größeres einkaufen zu gehen, wenn man die Sprache und die Schrift nicht beherrscht. Also los dann, da Zucker ja ein Gebrauchsartikel ist, ist er genauso Bildlos verpackt wie bei uns. Gut dann einfach mal probieren. Ich kaufe also eine Tüte, von der ich nicht sagen kann, was drin ist. Zuhause angekommen stelle ich fest, die Farbe stimmt, aber die Konsistenz nicht. Ich habe Mehl gekauft. Ok macht auch nix, brauch ich ja auch. Nun wieder zurück in den Supermarkt. Ich suche und suche und dann denke ich, ja das könnte Zucker sein.

Es hat geklappt, ich habe Zucker…….Das sind Erfolgserlebnisse. Zur Feier des Tages belohne ich mich mit einem Spaziergang am Meer. Neugierig wie ich nun mal bin biege ich einfach irgendwo ab und siehe da ich habe den längsten Strand von Varna entdeckt. Wunderschön, die Möwen sitzen am Rande des Wassers, einige wenige Spaziergänger sind unterwegs und füttern sie.

Es ist herrlich hier lang zu schlendern und vor meinem inneren Auge läuft der Film, wie es hier wohl im Sommer ist. In der Hafeneinfahrt liegen die großen Kähne und warten auf die Abfertigung. Ich laufe ein Stück und komme doch tatsächlich an einer Palmenplantage vorbei. Bei näherem Hinschauen stelle ich fest, das sind künstliche Palmen. Irgendwie ein totaler Stilbruch. Na ja, wers schön findet. Ich muss dazu auch sagen, hier wachsen keine Palmen warum auch immer.

So nun bin ich lange genug Unterwegs, mache mich auf den Nachhauseweg. Will ja noch Kartoffelsalat machen, es ist schließlich der 24.12. und da gibt es das bei mir immer. Ich wünsche Euch eine schöne Feier und bis bald

25. Dezember 2013
Heute möchte ich kurz auf eine Frage ein gehen. Heute morgen hat Bernd mit mir gechattet und wollte wissen, wie meine Kinder und davon habe ich ich ja genug, reagiert haben.

Nun ich habe es ganz einfach gemacht. Zuerst hatte ich ja mal Angst zu sagen, was ich so vor habe. Auf der anderen Seite hatte ich auch Angst meinen Kindern zu sagen, daß ich früher oder später in ernste Schwierigkeiten kommen würde. Ja und was machste dann als Mutter??? Ich bilde mir ein mich im Schreiben ganz gut ausdrücken zu können. Nun ich setzte mich hin und verfasste einen Brief.

Mit meinem jüngsten Sohn hatte ich schon gesprochen, als ich noch den Gedanken hatte, mir ein Häuschen zu suchen. Er hat mich damals für komplett verrückt erklärt und meine wörtlich, ich zitiere: Das ist ja wohl das Blödeste was ich je von Dir gehört habe. Du kannst die Sprache nicht, brauchst nur mal stürzen, kannst keinen Notruf machen, und dann kommt auch keiner. Damals war ich schon ein wenig beleidigt, aber heute muss ich ihm recht geben. Damals hatte ich das alles noch nicht gesehen, hatte keine Ahnung was da auf mich zukommen könnte.

Nachdem ich die Häuschen dann gesehen hatte, auch die sterbenden Dörfer, hier muss man viel Wissen von den Lebensgewohnheiten und Schwierigkeiten der Bulgaren haben, wusste ich, mein Sohn hat recht. Er war ja schließlich damals in Bosnien stationiert und hat dort diese Verhältnisse erlebt. Ich stand zum Beispiel an so einem Haus, es war nicht gut, aber auch nicht schlecht, ohne Toilette und Bad, als auf der Straße, was man da so Straße nennt, ein Eselfuhrwerk vorbei gezogen ist. Die Straße war eigentlich nur ein sagen wir mal unkrautfreier Weg. Holprig, nicht geteert oder so. Nein einfach so wie wir es vor 40 bis 50 Jahren in den neu angelegten Wohngebieten hatten. Die Straße kam zum Schluß. Hier nun wird es keine Straße geben, denn die Leute flüchten aus der Gegend. Eigentlich schade, aber wenn keine Arbeit da ist, was sollen sie denn machen. Das sind dann die Orte die als sterbend bezeichnet werden. Und wenn man dort ein Haus kauft, dann hat man bald seine Ruhe, denn es wird dann bald keine Nachbarn mehr geben. Und dann????? Biste alleine, verkaufen kannste das dann auch nicht mehr, weil wer will schon in der Einsamkeit leben??? Keine Geschäfte, keine Ärzte, keine Versorgung weit und breit nichts???

Ich war mit einem Makler an einem Tag unterwegs. Ja er hat mir erst mal ein altes Haus gezeigt. Genau gegenüber stand ein „renoviertes‘“ Haus. Ja das hätte ich wollen, war toll, innen und außen gemacht. Aber dann habe ich den Ort durchfahren und stellte fest, jedes zweite Haus ist verlassen. Der Ort war auf dem Weg zur Geisterstadt und die Fremden sind ja so doof und merken das nicht. Da bin ich auch wieder dankbar, dass ich Hilfe in Form von Auswanderern hatte, die das alles schon kannten und wussten und mir Tipps gegeben haben.

Aber zurück zum Anfang. Ich verfasste also an meine Kinder einen Brief, dann hätte ich mich gerne versteckt, weil ich Angst vor den Reaktionen hatte. Aber weit gefehlt. Nachdem sie gelesen haben, dass ich mich in einem Hotel eingekauft habe, waren sie alle zufrieden und versprachen mir auch, mich besuchen zu kommen.

26. Dezember 2013
Zweiter Weihnachtsfeiertag, ich bin heute nur faul. Habe eigentlich noch nichts nennenswertes getan. Oder doch??? Ja ich war einkaufen. Heute koche ich für das Haus, wir sind im Moment 4 Personen hier. Nun brauchte ich noch ein paar Gewürze, für mein Rotkraut. Ja Ihr lest richtig, ich war einkaufen, denn hier sind die Geschäfte immer auch Sonntags und Feiertags geöffnet.

Ist irgendwie unwirklich, aber so kannst auch am So mal eben in den Baumarkt und Dir Tapeten holen. Ist gewöhnungsbedürftig. Zumal ich meine, es gibt keine Unterscheidung zu einem normalen Werktag. Also bin ich losgefahren. Hatte einen Zettel dabei, auf dem in kyrillisch stand was ich brauchte. Hat dann auch wunderbar funktioniert. Nun ist also mein Rotkraut vorbereitet und zur Zeit mache ich in meiner Campingküche noch ein Hähnchen. Man wird unwahrscheinlich erfinderisch, wenn man nix anderes hat.

Gestern durfte ich ja auch schon den Kartoffelsalat machen und ich bin ehrlich, ich war ganz stolz, daß er so gut geschmeckt hatte. Jedes Land hat so seine Spezialitäten.
Leider geht es dem Wirt im Moment nicht gut und deshalb ist es auch gut, daß ich koche. Margarita muß sich um Krassi kümmern.
Kurze Beschreibung meiner Küche: habe einen Kühlschrank, eine Waschmaschine, einen Tisch, vier Stühle. Dann besitze ich einen kleinen Grill und eine Kochplatte. Alle Gewürze und was man so braucht stehen auf dem Kühlschrank rum und was man braucht findet man garantiert nicht. Spülen muß ich noch in meiner Dusche. Könnte aber schlimmer sein, wenn ich die Möglichkeit nicht hätte. Ich freue mich ganz arg drauf, wenn meine bestellte Küche kommt.

27. Dezember 2013
Strahlend blauer Himmel, ein Wetter zum verlieben. Nun wie soll ich mich verlieben?? Keine Menschenseele in der Nähe, dann spreche ich die Sprache nicht und was man sonst noch so an Schwierigkeiten kennt, ich habe im Moment das Gefühl alles bündelt sich gerade gegen mich. Das schöne Wetter entschädigt mich ein wenig dafür, dass im Moment alles nicht so glatt läuft.

Seit gestern habe ich kein Wasser mehr. Ich habe den ganzen Tag ein Rauschen gehört und plötzlich sehe ich in meiner Dusche, Wasser kommt aus der Wand. Nun hier hat man keinen Feiertagsnotdienst, der dann kommt, nein hier geht erst mal die Welt unter und wenn Du überlebt hast, kannste überlegen was Du machen könntest. Krassi ist krank und nun auch noch Wasserprobleme. Besser kann Weihnachten ja nun wirklich nicht verlaufen. Gott sei Dank konnte er sich in den Keller schleppen und das Wasser abdrehen.

Nun ist die Frage, wann wird das gemacht. Hier ticken die Uhren anders. Komm ich heute nicht, dann eben morgen. Ist aber sehr nervig, wenn Du immer wenn Du aufs Töpfchen musst ins Nachbarzimmer rennen darfst. Aber ich schaue aus dem Fenster und freue mich trotzdem hier zu sein, das Meer liegt vor mir, es ist eine Pracht, es lässt soviel Sehnsucht nach Weite zu, man kann es nicht in Worte fassen. Diese Sehnsucht werde ich nach dem Essen stillen gehen. Ich werde an dem Kilometerlangen Strand lustwandeln und dankbar sein, hier sein zu dürfen. Ich werde mir wieder die Möwen anschauen wie sie schaukelnd auf dem Wasser sitzen, eine neben der anderen, in kurzen Abständen hochflattern, alle zusammen und dann wieder sitzen, schaukeln und genießen. Immer wenn eine neue Welle angerollt kommt, dann flattern sie hoch, wenn sich die Welle entspannt hat, setzen sie sich wieder hin. Ein wirklich schöner Anblick.

Ja und von gestern habe ich ja noch Rotkraut übrig. Im Kühlschrank schrien zwei Würstchen, bitte iss mich, sonst werden wir alt. Habe alles auf meinem Campingherd erwärmt und hatte ein wunderbares Mittagessen. Brauchte nicht mal Wasser dazu, weil die Würstchen einfach ins Rotkraut kamen. Jetzt fühle ich mich gesättigt und gestärkt. Ich werde nun ans Wasser, nicht ins Wasser, gehen. Will einfach nur die Sonne genießen, will einfach nur entspannen.

28. Dezember 2013
Ach du meine Güte, es ist schon 7.30Uhr, jetzt aber schnell aus dem Bett, muss mich ja anziehen und fertig machen, Kaffeetrinken. Könnte ja sein, dass der Mensch auftaucht, der nach dem Wasser schauen soll. Ich fange mal wieder an zu improvisieren. Das heiße Wasser läuft ja noch, nur das kalte ist abgestellt. Also denke ich, lasse ich das heiße Wasser ins Waschbecken einlaufen, dann kann es abkühlen und ich kann mich notdürftig waschen. Gedacht, getan.

Es ist eine neue Erfahrung, kann nicht wie sonst das Wasser laufen lassen, nein, ich habe nur eine begrenzte Menge davon zur Verfügung. Auch meinen Zahnputzbecher habe ich mit heißem Wasser gefüllt, damit ich Zähne putzen kann. Nachdem ich nun „gewaschen“ bin, setze ich mich erst mal hin und trinke mit Genuß meinen Kaffee. Auch hier muß ich Abstriche machen, denn meinen Vollautomaten konnte ich nicht mitnehmen und hier habe ich keinen der mir gefallen hätte gefunden.(blöd, gell, seit wann muss ein Kaffeeautomat gefallen?, er muss funktionieren) Also Kaffee auf die ganz normale Art. Wenn Du nichts anderes hast, bist Du auch damit zufrieden.

Vielel Gedanken gehen mir durch den Kopf, 28.12.13, fast ein Jahr wieder rum und was war nicht alles in diesem Jahr. Ja es war gut, es war schlecht, zeitweise sogar richtig beschissen, aber ich lebe. Ich habe die Herausforderungen alle angenommen, habe gehandelt. Ob meine Handlungen richtig waren wird sich zeigen, aber ich bin guten Mutes, dass alles seine Richtigkeit hat. Ich stelle mir immer vor, dass man im Leben an Weggabelungen kommt. Du kannst rechts gehen oder links. In jedem Fall musst Du dich entscheiden. Du gehst den Weg weiter, egal welche Richtung Du gewählt hast, dann kommen wieder diese Gabelungen und wieder und wieder sind Deine Entscheidungen gefordert. Einzig rückwärts kannste nicht gehen. Ansonsten hast Du immer die Möglichkeit aus der jeweiligen Entscheidung das beste zu machen, liegt an Dir oder mir. Nun ich bin gerade dabei das Beste draus zu machen. Ich sehe meine Zukunft dann doch eher positiv als negativ an.

Ja mittlerweile ist es 10.30 Uhr, von einem Handwerker weit und breit keine Spur. Aber ein herrlicher Sonnenschein. Ich habe die Balkontür auf und freue mich über soviel Sonne. Heizung ist nicht nötig, die Sonne wärmt und was will man mehr??? Wenn man länger auf dem Balkon ist, hat man schon das Gefühl, dass man einen leichten Sonnenbrand bekommt. Aber Margarita sagte gestern Abend, die kältesten Monate seien Jan. und Feb. Nun ich hoffe die gehen ganz schnell an mir vorbei. Ich mag Kälte nicht.

Langsam mache ich mir Gedanken, was ich heute kochen könnte. Ist nicht so einfach, denn ich kann ja nicht weg, warten auf den Handwerker. Wenn ich Pech habe, kommt er heute gar nicht und ich sollte aber dringend eine Maschine Wäsche laufen lassen. Mir fällt ein, habe noch Nudeln in meiner Küche rumfahren, muss sie nur finden, könnte Nudeln überbacken mit Ei machen. Ein einsamer Salat ist auch noch im Kühlschrank und wenn ich das gefuttert habe und morgen am So nix mehr da ist, kann ich einfach einkaufen gehen, die Geschäfte sind ja auf. Der Gedanke an die Nudeln lässt mir das Wasser im Mund zusammen laufen. Das werde ich wohl dann in Angriff nehmen. Was ich hier als ganz toll empfinde, ich brauche nicht mehr darauf achten, wann und wo ich Knoblauch esse. Der gehört hier einfach dazu und das ist en Gewürz das ich heiß und innig liebe.

Ja nun der Rückblick, ich wurde Rentnerin 2013, ich war das ganze Jahr gesund, ich habe die Herausforderung angenommen, ich habe mich für eine Richtung entschieden, nun muß ich den Weg gehen, bis sich wieder eine Richtungsänderung ergibt. Ich bin geschieden, was ich nicht wollte, aber nun ja, so ist es. Nun bin ich mal gespannt was das Jahr 2014 mit mir vor hat. Dankbar werde ich alle Höhen und nicht ganz so dankbar auch die Tiefen annehmen. Ich möchte eben doch lieber die Höhen leben.

29. Dezember 2013
Hurra, der Handwerker ist da. Er schraubt und tut und macht und das Tropfen wird immer mehr. Er spricht nicht deutsch, ich nicht bulgarisch, aber wir haben einen Weg zur Verständigung gefunden. Wir wissen beide was es heißt, wenn man aus tiefstem Herzen dann sagt: Scheiße. Da mussten wir ja dann doch lachen…… Hatte heute morgen ja Angst, dass er wieder nicht kommt, denn langsam kann ich mich nicht mehr riechen, ich will nun endlich mal wieder ausgiebig unter die Dusche. Schließlich habe ich eine komplette Wohnung und keinen Rohbau gekauft.

Gestern bin ich noch nach Varna gefahren, wollte mir Bettwäsche besorgen, denn ich muß jetzt mal wechseln, auch das mag ich nicht, wenn man nicht alle Woche abziehen kann, dann fühle ich mich nicht wohl. Nun ich dachte ich habe ein Schnäppchen gemacht. Habe die richtige Größe gefunden und bin ganz glücklich zur Kasse. Na das war ja mal günstig. Zwei Bezüge 26Leva, so schön. Meine Freude sollte sich heute morgen in Wohlgefallen auflösen. Ich möchte nun die Bezüge wechseln. Packe den vermeintlichen Bezug aus der Verpackung und oh Schreck was sehen meine entzündeten Augen??? Ich habe zwei Betttücher gekauft. So kanns gehen. Also nun hab ich wie man so schön sagt Lehrgeld bezahlt. Gut irgendwann werde ich die Tücher auch gebrauchen können, für mein Bett sind sie allerdings zu klein. 140er Tücher passen halt nicht auf 160er Bett. Und diese Größe an Bett wollte ich schon, denn ich gehe gerne im Bett spazieren, sonst kann ich mich ja nicht drin verlaufen.

Aber zurück zu meinem Handwerker, er ist aus der Tür raus. Es tropft aber noch immer. Hoffentlich kommt er wieder, nicht dass ich bis heute Abend Land unter habe.Gott sei Dank, da ist er wieder, wieder wurstelt er rum und nun nach fast 3 Stunden, ist das Leck behoben. Ich denke, wenn wir nicht so schnell das Wasser abgedreht hätten, hätten wir noch einen Riesen Rohrbruch erlebt. So wie sich heute ganz allmählich die Sonne durch kämpft, so allmählich gelange ich nun wieder auch zu meiner Normalität. Ich habe wieder Wasser, Bad ist geputzt und die Waschmaschine läuft. Wunderbar, es geht vorwärts.

31. Dezember 2013
Die letzten Stunden des Jahres 2013 sind angebrochen. Wir bereiten uns auf das nächste Jahr vor. Ich denke wir haben alle Wünsche und Sehnsüchte. Ich wünsche Euch, daß Eure Sehnsüchte im kommenden Jahr gestillt werden. Ich wünsche Euch Glück, Gesundheit und alles was Ihr Euch wünscht.

Die Webseite www.bulgarien-auswanderer-forum.de hat das volle und dauerhafte Nutzungsrecht für mein Tagebuch, was aus aus meinen Facebookbeiträgen resultiert. Ich besitze weiterhin das Urheberrecht für diese Einträge. Kopie oder Vervielfältigung ist nicht erlaubt.

Annette Britsch
April 2019